Samstag, 22. August 2009

Mind over Matter – Qi Gong und unsere Einstellung zu unserem Selbst

Während die bisherigen Beiträge darüber informierten, in wie weit Qi Gong und Tai Chi unsere Gesundheit in ganzheitlicher Weise erhält, geht es hier um den Aspekt, wie unsere innere Einstellung und unser Denken unseren Körper beeinflussen und wie Qi Gong uns dabei unterstützt.

Wir leben in einer schnelllebigen und stressigen Gesellschaft, die ausschließlich auf Leistung, Effizienz und Konsum ausgerichtet ist. Das bedeutet, jeder einzelne von uns steht mehr oder weniger unter einem massiven Druck. Dieser Dauerstress wirkt sich über kurz oder lang auf unsere Gesundheit aus und unser Körper reagiert unweigerlich mit einer Krise.


Im Chinesischen bedeuten die Zeichen

Gefahr + Gelegenheit = Krise.

Was heisst das? Die Gefahr ist der Dauerstress, dem wir in unserem Alltag ständig ausgesetzt sind. Wir sind angespannt, haben ständig was zu tun und wir sind stetig körperlich und/oder mental in Bewegung. Wir gönnen uns kaum Ruhe, frei nach dem Motto „Müßiggang ist aller Laster Anfang“. Denn selbst wenn wir meinen, uns Ruhe zu gönnen, sind wir mit anderen Aktivitäten, wie joggen, Fitnesscenter, zocken, aufräumen, shoppen etc. beschäftigt. In der heutigen Zeit wollen wir jung, dynamisch und aktiv bleiben. Forever Young, bis in den Tod! Das bedeutet letztendlich, unser Yang ist zu stark betont und unser Yin wird vernachlässigt. So verausgaben wir uns selbst und unser Chi.

Die Gelegenheit zu einer Krise bieten die äußeren Umstände, wie das Wetter, die Umwelt, und das Umfeld. Kommt z.B. zum Dauerstress und der damit verbundenen körperlichen Erschöpfung noch feuchtes und kaltes Wetter hinzu, hat unser Immunsystem zu wenig Chi und wir fangen uns eine Erkältung. Jetzt ist die Krise offensichtlich und zwingt uns zur Ruhe. Doch statt der Forderung unseres Körpers nach Ruhe nachzugeben, therapieren wir mit vielfältigen pharmazeutischen Mittelchen die Symptome weg und bringen uns dazu weiter zu funktionieren. Diesen Prozess können wir eine Zeit lang wiederholen und auch durchhalten, aber eines Tages erreicht die Krise eine höhere Stufe und es tauchen neue bzw. schwerere Symptome auf, die uns dann wirklich zur Ruhe zwingen.

Wir müssen akzeptieren, gesundheitliche Krisen zeigen uns auf, dass in diesem Moment in unserem Leben etwas schief läuft und wir dringend Kraft tanken und unsere gegenwärtige Situation überdenken müssen. Dabei unterstützen Qi Gong und Tai Chi uns dabei, unsere Mitte wiederzufinden, Kraft zu tanken, unsere Energie zu erhalten und unsere Gesundheit wieder zuerlangen. Doch eines muss ich unbedingt klarstellen: Tai Chi und Qi Gong ersetzen keinen Arzt und keine medizinische Therapie! Sie bieten lediglich eine hervorragende Unterstützung.

Insbesondere der meditative Aspekt beim Qi Gong / Tai Chi stärkt unsere Selbstwahrnehmung auf einer ganzheitlichen Ebene. Denn die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) hat ein holistisches Menschenbild, d.h. Körper, Geist und Seele beeinflussen sich gegenseitig und sind miteinander verbunden. Das hat die heutige Wissenschaft mittlerweile auf unterschiedliche Weise bewiesen! Unser körperlicher Zustand spiegelt unser Denken und unsere emotionalen Verfassung wider. Doch das gilt auch umgekehrt! Unser Geist und unser Denken beeinflussen unseren physischen und psychischen Gesundheitszustand. Neuropeptide (Botenstoffe der Nervenzellen) fließen durch unseren Körper und leiten jedes unserer Gefühle an jede Zelle unseres Körpers weiter. Dann ist mit dem Dauerstress so, als ob wir im Berufsverkehr immer wieder von roten Ampeln aufgehalten werden und wir zunehmend genervt sind. Dieser genervte Zustand beeinflusst dann unser Herz-/Kreislaufsystem, frei nach „Yer life is one long emergency“ von Bruce Springsteen.

Tai Chi und Qi Gong bringen uns dazu, uns anders zu entscheiden. Wir versetzen uns in die Lage, einen Kontrapunkt zu setzen und aus dem Stresskreislauf herauszutreten. Das braucht regelmäßige Übung zu entspannen und uns all das zu geben was wir brauchen. Befinden wir uns in der Qi Gong Meditation oder üben wir die Tai Chi Form, nähren wir unser Chi und wir können mit unserem Atem alles Ungute in uns loslassen und das Chi in unserem Körper frei fließen lassen. Und je länger wir regelmäßig üben, desto mehr nähern wir uns unserem inneren Frieden. Tai Chi und Qi Gong mit den langsamen meditativen Bewegungen sind der Inbegriff für die Einheit von Körper, Geist und Seele. Wenn also die Muskeln unseres Körpers steif und angespannt ist, dann darf man diese nicht mit Gewalt lösen wollen, denn sie spiegeln die Härte des aktuellen Alltags und die Steifheit unseres Denkens wider. Deshalb haben unser Denken und unsere innere Einstellung einen ebenso starken Einfluss auf unsere Gesundheit wie alles was wir essen. Wir brauchen viel Liebe und Gelassenheit beim Üben, um unsere muskuläre Spannungen dauerhaft zu lösen.

Die Meridiane im Körper versorgen den gesamten Organismus einschließlich unserer Psyche mit Chi. Das erklärt, warum Qi Gong unsere Selbstheilungskräfte im Körper aktiviert.

Mit Hilfe unseres Geistes bzw. unserer Vorstellungskraft können wir den Qi-Fluß lenken wohin wir wollen, um Spannungen jeder Art zu lösen und Organe mit Chi zu versorgen oder um allgemein den Qi-Fluß zu bewegen. Es gibt eine Vielzahl an meditativen Übungen. Doch das ist ein Kapitel für sich, auf das ich später näher eingehen werde.

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